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Wirtschaft

            100.000  Menschen, die täglich zum     Wann könnte die Rheinspange Realität   Diskussion um die Kreisumlage. Mögli-
            Arbeiten oder Einkaufen nach Bonn      werden?                               cherweise müssen wir da ran, wenn un-
            fahren, ihre Fahrzeuge im Rhein-Sieg-  Leider  verflüchtigt  sich  die  Einigkeit   sere Rücklagen aufgebraucht sind und
            Kreis stehen lassen müssen.            immer mehr. Alle Kommunen standen     wir nicht genügend Einnahmen haben,
                                                   zu Beginn geschlossen hinter dem Pro-  um den Finanzbedarf des Kreises zu
            Welches  sind die aktuell wichtigsten   jekt. Jetzt gibt es politische Strömun-  decken. Dazu sind wir sogar gesetzlich
            Punkte des Bonn–Berlin-Vertrags?       gen in Niederkassel, die eine Tunnellö-  gezwungen. Das wird keine Freuden-
            Der sogenannte Rutschbahneffekt hat    sung wollen. Andere wollen überhaupt   tränen bei den Kommunen geben.
            sich glücklicherweise ein wenig beru-  keine Rheinquerung. Je mehr das zer-
            higt, weil man erkannt hat, dass ent-  redet  wird  und  je  größer  der  Dissens   Was wird sich im politischen Alltag än-
            gegen allen bisherigen Äußerungen die   ist, umso geringer werden die Reali-  dern nach den Bürgermeisterwahlen?
            Arbeit in den Ministerien und Oberbe-  sierungschancen. Die Querverbindung   Sehr viele erfahrene, gestandene Bür-
            hörden auch  mit  zwei  Standorten gut   im Bonner Süden scheitert seit Jahr-  germeisterinnen  und  Bürgermeis-
            machbar ist. Man hat gelernt, Meetings   zehnten an der fehlenden Einigkeit in   ter  sind ausgeschieden,  es sind viele
            digital abzuhalten, und festgestellt, dass   der Region. Wenn der Konsens bei der   „Neue“ dabei. Aus eigener Erfahrung
            man nicht immer zwischen Bonn und      Rheinspange aufgegeben wird, kommt    weiß ich, dass so ein Amt erhebliche
            Berlin hin und her fliegen muss. Vertei-  die auch nie.                      Anforderungen mit sich bringt. Man
            digungsministerin Annegret Kramp-Kar-                                        braucht fachliche Kenntnisse,  muss
            renbauer und Umweltministerin Svenja   Welche Probleme könnten auf den Rhein-  politische Erfahrung haben, aber auch
            Schulze haben klar geäußert, dass die   Sieg-Kreis  durch  sinkende Steuerein-   Erfahrung im Umgang mit Personal.
            Diskussion um einen Totalumzug durch   nahmen zukommen?                      Man braucht Zeit, um ins Amt hinein-
            leidvolle Corona-Erfahrungen beendet   Das trifft in erster Linie die Kommunen,   zufinden.  Es wird spannend sein, wie
            sei. Darüber hinaus hoffe ich, dass Bonn   die sich aus Schlüsselzuweisungen und   diese Herausforderung bewältigt wird.
            als  Sitz  der  UN  weiter  ausgebaut  und   selbst generierten Steuern finanzieren.   Es warten sicherlich auch konfliktrei-
            gefördert wird.                        Man muss mit einem Einbruch der Ge-   chere Jahre auf uns. Dass die CDU nur
                                                   werbesteuereinnahmen rechnen. Dann    noch acht von 19 Bürgermeisterinnen
            Gibt es Alternativen zur S-Bahnlinie 66?  müssen die Kommunen an der Steuer-  und Bürgermeistern stellt, also weniger
            Nein, weil die 66 die mit Abstand wich-  schraube drehen. Das würde dann lei-  als die Hälfte, macht es auch für einen
            tigste ÖPNV-Verbindung in der Region   der die Bürgerinnen und Bürger und die   CDU-Landrat nicht leichter.
            ist. Keine andere Linie verbindet so die   Wirtschaft belasten. Der Rhein-Sieg-
            Region, daher ist die 66 alternativlos.   Kreis ist gehalten, neben den Schlüs-  Vielen Dank für das Interview!
            Mit dem letzten Report über die Zuver-  selzuweisungen die sog. Kreisumlage
            lässigkeit und Pünktlichkeit waren wir   bei den Kommunen „einzusammeln“.
            allerdings  überhaupt nicht zufrieden.   Seit ich Landrat bin, hatten wir keine
            Hier brauchen wir dringend Verbesse-
            rungen. Wenn man die Wochenenden
            in die Bilanz Pünktlichkeitsbetrachtung
            mit einrechnet, hübscht man die Bilanz
            auf - aber entscheidend ist und bleibt
            natürlich, wie es an Werktagen in der
            Rush-Hour aussieht.

            Was könnte man unternehmen, um
            die Linie 66 attraktiver zu gestalten?
            Eine Taktverdichtung sowie neue Wa-
            gen werden kommen und auch über
            Zugverlängerungen kann man nach-
            denken.  Längere  Züge  bedeuten  aber
            auch bauliche Veränderungen wie
            längere Bahnsteige, die bezahlt und
            gebaut werden müssten. Manchmal
            haben wir den Verdacht, dass bei Perso-
            nalmangel die 66 in Bonn keine Präfe-
            renz hat und vorhandenes Personal auf
            anderen Linien eingesetzt wird – das
            muss sich ändern.
                                                                                            Unser Kreis in all seinen Farben; Monika Arns-Müller, 2020


                                                                                                                Kabinett  |  3
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