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Gesellschaft

            Inwieweit hat Ihre Ehefrau Elke Nelting Sie unterstützt?
            Meine Frau hat zur gleichen Zeit an ihrem Buch gearbeitet, „Körperarbeit auf dem Weg zum QiGong“. Wir haben uns dabei gegen-
            seitig unterstützt. Unsere Meinungen, Haltung, Menschenbild sind in unserem alltäglichen Zusammenleben gereift. So wie wir
            unsere Ehe führen, sind wir auch in unseren Gezeiten Haus-Kliniken in dieser Verbundenheit, praktizieren Begegnungsmedizin, bei
            der immer etwas Neues für beide, Behandler und Patient entsteht. Wir praktizieren seit Jahrzehnten QiGong- und TaiJi, tanzen
            zusammen Tango Argentino, singen und lieben uns und sind glücklich mit unseren drei Kindern und ihren Familien. Für unsere
            Bücher ist unsere Ehe ein guter Boden.

            Welchem Anlass verdanken wir, dass Auma Obama das Vorwort geschrieben hat?
            Meine Frau und ich haben seinerzeit an einer Gründungssitzung für den Weltzukunftsrat teilgenommen, da wir den Initiator und
            Gründer Jakob von Uexküll kannten. Der Rat und seine Aktivitäten haben mich seither begleitet. Auma Obama leitet dort das Ressort
            Kinder- und Jugendrechte und hat eine eigene Kinderstiftung in Kenia, in der sie versucht, Kindern zu einer „starken Stimme“ zu ver-
            helfen. Das Gespräch mit ihr und ihrer Managerin Saskia Hildebrandt hat uns gezeigt, wie ähnlich wir denken, und uns viel Freude
            gemacht. Sie hat ein wunderbares Vorwort geschrieben. Daraus ist nun eine wirkliche Freundschaft geworden. Ich bin glücklich, dass
            sie jetzt mit uns zusammen die Themen offensichtlich macht. Und es hat sie gefreut, dass ich nicht mit dem Finger auf die sogenannte
            Dritte Welt zeige, sondern vor der eigenen Tür kehre. Wir können gegenseitig so viel voneinander lernen.
            Das Hörbuch wurde übrigens gesprochen von dem Schauspieler und Produzenten Claude-Oliver Rudolph. Und Auma Obama hat ihr
            Vorwort selbst gesprochen und den Beginn mit einer kleinen Überraschung garniert.





                                                Vorwort Dr. Auma Obama

                                                Dr. Auma Obama ist Gründerin und Vorsitzende der Auma Obama
                                                Foundation Sauti Kuu, internationale Keynote Speakerin, Buchauto-
                                                rin und Gastdozentin für die Themen ökologische und ökonomische
                                                Nachhaltigkeit sowie soziale Verantwortung.

                                                Die Schwester des 44. US-Präsidenten Barack Obama möchte mit
                                                ihrer Stimme insbesondere auch benachteiligten Menschen eine
                                                Stimme verleihen, die auf der ganzen Welt gehört wird.

                   Foto © SH Consulting


            Sie haben Ihr Buch in sechs Kapitel unterteilt. Ich würde mich gerne mit Ihnen über diese Kapitel
            unterhalten, um den LesernInnen meines Journals einen tieferen Einblick in Ihr Buch zu gewähren.

            Im ersten Kapitel äußern Sie sich zu   Kind meist auch nach der Geburt in ei-  sein. Es ist mir ein großes Anliegen, das
            dem Thema gesunde  Hirnentwick-        ner liebevoll kommunikativen Symbiose   deutlich zu machen. Wenn diese ersten
            lung in den ersten Lebensjahren.       in den ersten beiden Jahren leben, das   zwei Jahre in einer, wie wir sagen, ‚dy-

            Das ist ein zentrales Kapitel. Denn eine   sind tausend Tage ab der Empfängnis.   adischen‘  Beziehung  gut  laufen,  dann
            gesunde Hirnentwicklung in den ersten   Diese Zeit braucht es, damit neurophy-  haben wir eine grandiose Ausgangssi-
            Lebensjahren mündet in eine wirksame   siologisch ein „Wir“ im Gehirn verankert   tuation für die Beziehungsfähigkeit im
            Selbststeuerung.  Ein solcher Mensch   ist und sich ganz langsam in ein „Du“   Leben, gleichzeitig mit dem Urvertrauen,
            hat für sein Leben und sein Wirken     und ein „Ich“ differenziert auf dem Bo-  dass das Leben etwas ist, das schön und
            in der Gemeinschaft eine bedeutsa-     den des Wir. Das ist wenig bekannt und   sicher gebunden ist.
            me  Gestaltungsfähigkeit  in  vielen  ge-  ein Kind wird stattdessen oft als etwas   Mit drei, vier Jahren sprechen wir erst be-
            sellschaftlichen Fragen. Die gesunde   Wildes gesehen, das man zähmen muss,   ginnend von Selbststeuerung. Die Kinder
            Hirnentwicklung beginnt im Uterus.     oder als unbeschriebenes Blatt, das man   lernen dabei permanent. Das muss man
            Wenn es der Mutter gut geht und sie    beschreiben muss.                     ihnen nicht beibringen. Sie machen die
            sich auf das Kind freuen kann, hat das   Viele Eltern denken, dass man ein zwei-  beste Entwicklung, wenn man ihnen er-
            Kind eine Umgebung mit fundamenta-     jähriges Kind in eine Richtung trimmen   möglicht, die ersten sechs Jahre zu spie-
            len Geborgenheitsfaktoren. Der Fötus   und ggf. sogar bestrafen müsste, damit   len. Später wollen sie Herausforderungen
            lauscht aber der Gelassenheit und dem   es lernt, ein gesitteter Mensch zu sein.   anderer Art. Kinder zwischen zwei und
            Stress der Mutter. Bei einer stressarmen   Das ist aus hirnphysiologischer Sicht   sechs probieren die Welt aus und brau-
            Schwangerschaft  können Mutter  und    falsch und traumatisch. Das darf nicht   chen zunehmend auch Grenzen. Aber



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